Freitag, 25. Januar 2013

Unboxing RWE-Smarthome

Die SHC kommt in einer recht großen, versiegelten Box, in der neben viel Luft die Box selber, ein Netzteil, ein Wandhalter, ein Schraubenset, ein Netzwerk- und ein USB-Kabel sowie ein Netzteil sind.

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An der Zentrale finden sich hinter einer pfiffigen Abdeckung ein Mini-USB-Anschluss, ein RJ45-Netzwerkanschluss und ein Anschluss für das 5-Volt-Netzteil. Dazu gibts auf der Vorderseite zwei “normale” Typ-A USB-Buchsen, die anders als die Mini-USB-Buchse offenbar auch für den Anschluss von Sticks oder Geräten gedacht sind. Neben den äußeren USB-Buchsen ist ein kleiner Schalter, mit dem man das Netzmodul der Box ein- und ausschalten kann.

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Unter der Zentrale liegen ein elektronisches 5Volt-Schaltnetzteil, ein USB-Kabel und ein Netzwerkkabel. Alles in weiß, in vernünftiger Länge und mit einer vergleichsweise hochwertigen Anmutung. Das Netzteil ist Made in China und hat, wenn man dem Aufkleber glaubt, mit “V” die bestmögliche Einstufung der Eneregieeffizienzklassen. Digikey erkärt das hier genauer.

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Oben auf der Box ist ein LCD-Display und zwei Taster – mehr gibt es, von Netzwerkschalter an der Seite abgesehen, an RWEs Smarthome-Zentrale nicht zu bedienen.

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Ob die SHC nun den auf der Packung vermerkten “Product Design Award” verdient hat, mag jeder selber entscheiden.Ich möchte die Box nicht offen im Wohnzimmer hängen haben, sie sieht aber auf jeden Fall gefälliger aus als die meisten anderen Smart-Home-Zentralen auf dem deutschen Markt.

Am Lieferumfang und am Qualiätätseindruck gibts nichts zu bemängeln: Die Komponenten machen einen hochwertigen Eindruck, und auch an Kleinigkeiten wie dem Netzteil wurde nicht gespart.

Etwas stiefmütterlich behandelt wurde das Handbuch: Es liegen lediglich zwei kleine Heftchen bei, die in kurzen, auch für Laien verständlichen Worten die Installation und Inbetriebnahme der Box erklären. Echte Handbuchfreaks können das “Große Handbuch” mit einer Länge von 113 Seiten als PDF bei RWE herunterladen.

Die ThüGa erklärt die Energiewende

Bei youtube:


RWE Smarthome – wie funktioniert das?

RWE-SmartHome ist ein RWE-Produkt mit Hard- und Software zur Heim-Automation für Endkunden, die zunächst nur über einen RWE-Shop, inzwischen auch über Drittanbieter verkauft wird. Das System besteht aus einer Basisstation (SHC) und verschiedenen Endgeräten wie
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Heizkörperthermostaten, Schalter oder Fenstersensoren, die per Funk miteinander verbunden sind. Die Basisstation ist mit einer RWE-Cloud verbunden, über die man das Smarte Zuhause dann auch per Smartphone und Browser aus der Ferne steuern kann. Die Konfiguration der Zentrale, also das Einbinden und Steuern von Schaltern und Sensoren, erledigt man am heimischen PC per Browser.
Aktuell gibt es das System im Branding von RWE und einer Reihe weiterer, mit RWE verbandelten Strom- und Gasanbieter.
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RWE-SmartHome ist seit 2011 auf dem Markt und wird inzwischen auch als billiges oder kostenloses Giveaway für Bestandskunden herausgegeben, zum Beispiel als Prämie für Kunden, die von der, für den Konzern aufwändigen Papier-Rechnung auf Online-Rechnungen umstellen. Zudem wird das System in Sonderaktionen im Rahmen so genannter “Smart Fridays”, zuletzt im November 2012 zum Preis von rund 100 Euro für ein Einsteigerpaket mit Zentrale, Zwischenstecker und Heizkörperthermostat vermarktet. Die Smart-Fridays führten in letzter Zeit regelmäßig und vorhersehbar zu Lieferengpässen.
Hardwaremäßig ist das System ist proprietär, das heißt, es spricht nur mit sich selber – Sensoren und Aktoren von Drittanbietern können ebensowenig verwendet werden wie Software, die nicht von RWE kommt.
RWE wirbt aktiv um Entwickler und bietet neben dem Onlineshop einen “App-Store” für mobile Applikationen an – ich habe derzeit keinen Überblick, was da exakt geboten wird, ich weiß nur, dass es nicht allzu viel sein kann. Ein Software-Development-Kit (SDK) ist ebenfalls seit längerem angekündigt, lässt derzeit aber noch immer auf sich warten.
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Wer hat’s gemacht?
Konzeption und Herstellung des Systems waren 2010/11 für die beteiligten Firmen so bemerkenswert, dass fast alle Beteiligten ausführlich darüber berichtet haben – sogar auf der Verpackung der Basisstation sind die Key-Player Microsoft und EQ-3 genannt.
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ELV/EQ-3 ist ein Smart-Home-Pionier und bietet seit Jahren eine fast identisches System unter dem Namen “HomeMatic” an,um das sich im Lauf der Zeit ein kleines Ökosystem verschiedener Soft- und Hardwareanbieter entwickelt hat. Vor kurzem hat ELV einen zweiten, im Billigsektor angesiedelten Brand unter dem Namen MAX! gestartet, mit dem sich über Mobile-Apps und Browser nur Heizkörperventile steuern lassen.

Wie wird gefunkt?
Die Hardware und die Funktechnologie von RWE-Smarthome sind von ELV/EQ3 konzipiert und produziert (Quelle). Das von EQ-3's HomeMatic zur Kommunikation mit Endgeräten verwendete Funkprotokoll gilt als nicht sehr sicher. EQ-3 hat wohl nicht zuletzt deshalb für RWE ein neues Protokoll entwickelt, das angeblich auf IPv6 basiert und mit 128Bit-AES-Verschlüsselung arbeitet (Quelle).

Warum grade Windows Embedded?
Das ganze Drumherum, also die Oberflächen zur Konfiguration und Fernsteuerung der Anlage sind ebenso wie die Cloud-Dienste in Zusammenarbeit mit Microsoft, genauer mit der Microsoft-Eigenen Beraterfirma Microsoft Consulting Services realisiert. Im Microsoft-Sprech liest sich das so: “Nach einer Ausschreibung unter mehreren Dienstleistern entschied sich RWE Effizienz
für die Microsoft Consulting Services (MCS).”
RWE-Effizienz-Geschäftsführer Norbert Verweyen hat in einem von der Beratungsgesellschaft Ernst & Young veröffentlichten Interview erklärt: “We started off with Nokia as one of our partners, but in mid-2009, Nokia informed us that it had decided to stop its SmartHome activities.”
Im Klartext: Die Leute aus Redmond kamen ins Boot, nachdem Nokia sang 2009 sang- und klanglos aus dem Projekt ausgestiegen war. Ich kann nur vermuten, dass Nokia wohl auf auf ein Linux-System gesetzt hätte, wie es z.B. im hardwaremäßig sehr ähnlichen, auch von EQ-3 produzierten System HomeMatic zum Einsatz kommt. Die MCS-Berater setzten erwartungsgemäß nicht auf Linux, sondern bauten das System komplett neu auf Microsofts so genannten “Real-Time-Operating-System” Windows Embedded 6.0 auf.

Berater, Engineers und Berater
Anstatt bestehende Software zu verwenden, hat man also für ein bestehendes System das Rad neu erfunden und ein bestehendes, sehr hardwarenahes Linux-System nach Windows-Embedded portiert. Wow. Glaubt man einer 2012 veröffentlichten Case-Study von Microsoft, war das Münchner Beratungshaus Zühlke sowie den französischen Embedded-Spezialisten Adeneo Embedded (Quelle) für die ELV-Technik auf Windows Embedded 6.0 R3 im Boot.

Zühlke hat derzeit rund 500 Mitarbeiter, sitzt in DACH und UK und macht neben Engineering auch Beratung und Finanzierung. Gründer Gerhard Zühlke hat seine 1968 gegründete Firma im Jahr 2000 an sein Management verkauft, einen Firmenflyer gibts hier.

Adeneo war im Boot, weil die Firma ein Windows-Embedded Board Support Package (BSP) für den in der RWE SmartHome-Zentrale verbauten Atmel AT91SAM-Prozessor im Angebot hat, also ein auf dem Prozessor portiertes und lauffähiges Windows Embedded im Programm ist.

Als Windows Embedded-Novize frage ich mich, warum Microsoft derartige BSPs nicht selbst im Angebot hat.

Silver Light at the End of the Tunnel?
Die nächste Neuerfindung des Rades ist die auf dem PC zu installierende Benutzeroberfläche zur Konfiguration der Smart-Home-Box, die als “Silverlight 5”-Applikation realisiert wurde. Silverlight, das ist die von Microsoft 2007 vorgestellte Alternative zu Adobes Flash. Außer bei Smarthome-Nutzern hat das Browserplugin in Deutschland nicht wirklich viele Anhänger. Selbst RWE spricht inzwischen davon, von Silverlight zu HTML 5 zu wechseln. Für die Programmierung zuständig war vermutlich (Quelle) die deutsche Softwareschmiede iQuest, die dann vermutlich auch Teile der Cloud- und Embedded-Entwicklung für die RWE-Smarthome-Infrastruktur übernahm.

Von blauen Wolken...
Für die Onlineanbindung verwendet das System eine mit Hilfe von Microsoft bei RWE aufgebaute Rechenzentrumsinfrastruktur und Micorosft Azure-Cloud.
Insgesamt eine beeindruckende Leistung der Microsoft-Berater, innerhalb von nicht einmal einem Jahr eine Home-Automation-Lösung von Nichts auf Windows Embedded zu portieren und eine Cloudanwendung dafür aus dem Boden zu stampfen.

...Kinderkrankheiten und hohen Erwartungen
Für den ein oder anderen Nutzer hingegen scheint es eine gewisse Ernüchterung zu bedeuten, dass er ein RWE-System kauft, in dem im wesentlichen EQ-3 und Microsoft drin ist, wie dieses (inhaltlich nicht ganz korrekte) Forenzitat eines frustrierten Anwenders belegt: “Hätte ich gewusst das ich ein eQ3 Max! System mit MS kaufen, hätte ich`s einfach nicht gekauft...”.

3…2…1 - meins.

Ich habe in der Bucht gleich zwei RWE-Smarthome-Boxen geschossen. Zwei, weil ich nicht dachte, dass die Dinger so billig hergehen. Ich habe für beide je ca. 25 Euro brutto bezahlt. Bei beiden handelt es sich um die eingeschränkte Basic-5-Edition, die aber für den Zweck, die Systeme einfach auseinanderzunehmen, völlig ausreicht. 25 Euro für einen originalverpackten Kleinstcomputer mit USB, Ethernet, Funkmodul und Windows-Lizenz – da können aktuell weder Android-TV- Boxen noch Raspberry Pi mithalten.
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Mein Motiv ist, ein wenig dazuzulernen, zu sehen wie die Box funktioniert und ob man das System am Ende soweit “befreien” kann, dass es auch mit anderer Hard- und Software funktioniert – mal sehen, ob das gelingt.